Die jüdische Familie Hochberger in Esslingen und Stuttgart
Das württembergische Israelitengesetz von 1828 sah vor, dass sich alle Juden einen Nachnamen geben mussten (Art. 3: „Gebrauch feststehender Familiennamen“). Zuvor bestanden jüdische Namen häufig aus dem Vornamen und dem Vaternamen, wobei ein „ben“ (Sohn von) oder „bat“ (Tochter von) dazwischengeschoben wurde, z.B. „Jakob ben Nathan“. Der 1779 in Hochberg geborene Judas Moses verlies 1806 Hochberg, da „an dem hiesigen Ort so viele Juden sind, dass einer dem anderen seine Nahrung schmälert“ (so seine Argumentation im Antrag) und zog mit Genehmigung der württembergischen Obrigkeit nach Esslingen. Dort entschied er sich aufgrund seiner Herkunft 1828 für den Familiennamen „Hochberger“. Judas Moses Hochberger und seine Frau Lea aus der Hochberger Familie Kusiel hatten acht Kinder. Zwei in Esslingen geborene Söhne heirateten Töchter der Hochberger jüdischen Familie Thalheimer. Bekannt wurde der Sohn August Hochberger (1824-1891). Er war zunächst eine führende Persönlichkeit der Arbeiterbewegung in Württemberg (1848 Vorsitzender des Esslinger Arbeitervereins, 1863 Sprecher der württembergischen Arbeitervereine) und wirkte mit August Bebel zusammen. August Hochberger war aber ein entschiedener Gegner der Gründung einer eigenen Arbeiterpartei und brach 1868 mit der Arbeiterbewegung. Später lebte er als Inhaber einer Privatbank in Stuttgart und gehörte dem Vorstand des Stuttgarter Wertpapierbörsenvereins an. Er und seine Frau Ernestine hatten vier Kinder. Sein Neffe Sigmund (1876-1917, Sohn seines Bruders Seligmann und der Julie Thalheimer aus Hochberg) starb als Soldat im Ersten Weltkrieg und wird auf der 1922 aufgestellten Stuttgarter Ehrentafel für gefallene jüdische Frontsoldaten in der zweiten Spalte an dritter Stelle genannt. Das Denkmal ist heute im Vorraum der Stuttgarter Synagoge aufgestellt, stand ursprünglich aber, d.h. vor 1938, an der Außenmauer der Synagoge. Die Inschrift: „Wie sind die Helden gefallen“ ist dem Lied Davids auf den Tod Sauls und Jonathans entnommen (2.Sam 1, 25) und korrespondiert mit der Antwort auf dem Sockel: „1914 Fürs Vaterland 1918“ – ein Vaterland, das die Juden wenige Jahre später verfolgen sollte. August Hochbergers Sohn, der Bankier Ernst Hochberger (1858-1928), war mit Anna Nördlinger verheiratet, die erst ins jüdische Zwangsaltersheim nach Dellmensingen, von dort 1942 ins KZ Theresienstadt gebracht wurde und in diesem Lager nach wenigen Tagen starb. Ernst und Anna Hochbergers in München lebende Tochter Meta wurde Anfang 1942 in Auschwitz ermordet. Dem Sohn Leopold Hochberger gelang 1938 die Emigration in die USA. Er starb 1964 in New York. Es gibt Hochberger-Nachkommen in den USA.