Scroll Top
Hauptstraße 37, 71686 Remseck
Judentum

Fanny Kahn

Fanny Kahn, Beth Shalom, Haus des Friedens, Remseck, Judentum 2
Bild: Cannstatter Stolperstein-Initiative
Fanny Kahn

Jedes Jahr am 9. November gedenkt Beth Shalom in der ehemaligen Hochberger Synagoge der NS-Verfolgten aus Hochberg. Jüdinnen und Juden, die in Hochberg geboren wurden oder zeitweise in Hochberg gelebt haben:

Fanny Kahn
Fanny Kahn wurde am 25. Dezember 1861 als Fanny Kaufmann in Hochberg in der Hauptstraße 30 geboren. Sie war die Tochter des Hochberger Viehhändlers Raphael Kaufmann und seiner Frau Mathilde geb. Strauß. 1866 zog die Familie nach Bad Cannstatt. Ihre ersten fünf Lebensjahre verbrachte Fanny somit in Hochberg. Sie heiratete 1881 in Ludwigsburg den Kaufmann und Viehhändler Simon Kahn. Das Paar wohnte in Ludwigsburg in der Eberhardstraße 27. 1911 zog die Familie nach Bad Cannstatt. Simon starb dort 1932 und Fanny zog zu ihren Töchtern nach Stuttgart. Mit ihren drei Kindern Flora, Hermine und Hilde unterhielt sie in der Seestraße 89 einen Beherbergungsbetrieb.
Fanny wurde 1941 79jährig ins jüdische Zwangsaltersheim nach Dellmensingen (heute Stadtteil von Erbach bei Ulm) gebracht, wo sie am 5. Mai 1942 verstarb. Dieses Zwangsaltersheim für 120 Jüdinnen und Juden vornehmlich aus Stuttgart war der Probelauf im damaligen Gau Württemberg für das spätere große Täuschungsmanöver Theresienstadt (Vorgaukeln eines Altersruhesitzes, in Wahrheit Ausplünderung und Ermordung).

Das Zwangsaltersheim bestand nur kurze Zeit und wurde bereits im September 1942 wieder aufgelöst. Alle noch lebenden Bewohner wurden nach Theresienstadt deportiert. Fanny Kahn blieb wenigstens das erspart.
Was bedeutete es damals fast 80jährig in ein jüdisches Zwangsaltersheim eingewiesen zu werden? Es handelte sich um ein Massenquartier, in dem die Menschen auf extrem beengtem Raum untergebracht waren und nur minimal versorgt wurden. Jede Eingewiesene musste ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl, einen Nachtisch und einen Schrank mitbringen. Sämtlicher weiterer Besitz aller im Gau Württemberg von Zwangseinweisungen betroffener Juden musste dem Stuttgarter Gebrauchtwarenhändler Max Kaupp angeboten werden, der mit der Gestapo einen Vertrag hatte. Ein freier Verkauf war verboten. Die Zwangsumgesiedelten mussten ihre von der Mitnahme ausgeschlossenen Dinge in einem „Verkaufsantrag“ auflisten, den die Gestapo Kaupp zuleitete. Dieser setzte dann extrem niedrige Schätzpreise an und bereicherte sich am Eigentum der Zwangseingewiesenen.
Fanny und Simon hatten fünf erwachsene Kinder. Drei wurden 1941 ermordet: Flora und Hermine in Riga und Hilde in Izbica, Polen. 2006 wurden für Fanny und ihre Töchter Stolpersteine in Stuttgart vor der Seelbergstraße 1, einem der letzten Wohnsitze, verlegt.

Möge ihre Erinnerung ein Segen sein!

Verwandte Beiträge