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Hauptstraße 37, 71686 Remseck
Judentum

Nachkommen des Tobias Schlesinger aus Hochberg

Nachkommen des Tobias Schlesinger aus Hochberg

Manche Städte, in denen früher eine jüdische Gemeinde existierte, haben enge Kontakte zu den Nachkommen der jüdischen Familien aufgebaut. So gibt es in Freudental seit 2017 ein Nachfahrentreffen, zu dem Nachkommen der einstigen Freudentaler jüdischen Familien aus der ganzen Welt zusammenkommen. Auch in Rexingen (Horb) gibt es enge Kontakte nach Shavei Zion in Nordisrael, wohin 1938 40 Rexinger Juden als Gruppe auswanderten. In Remseck ist diese Kontaktpflege noch in den Kinderschuhen. Aber ab und zu melden sich Nachkommen und interessieren sich für die Geschichte ihrer Familie. So hat sich 2022 Brian Falk gemeldet und sich nach seiner Familie erkundigt. 1999 nahm eine Lena Baum geb. Levi aus London mit Gertrud Bolay Kontakt auf. Lena Baum schrieb an ihren Lebenserinnerungen, die 2000 erschienen. Sie wuchs in Mannheim auf und konnte 1939 mit ihrer Familie nach England entkommen. Lena Baum hat 11 Enkel. Ihr Urgroßvater Salomon Levi hatte 1844 Adelheid Schlesinger aus Hochberg geheiratet, ihre Urgroßmutter. Adelheid Schlesinger war wiederum die Enkelin des Tobias Schlesinger (1751-1817), der 1799 aus dem hessischen Rosenberg nach Hochberg kam und die Familie in Hochberg begründete. 17 Enkel in Hochberg und noch mehr Urenkel sorgten für einen großen Familienverband. Der Stammvater Tobias Schlesinger muss aber ein durchaus sonderlicher Mensch gewesen sein. So bezeichnete er sich als Rabbiner und versuchte Amtshandlungen in Hochberg zu übernehmen, obwohl die Gemeinde damals dem Rabbiner in Freudental zugeordnet war. Das Oberamt Waiblingen erklärte daher im April 1816: „Wenn nicht erwiesen ist, dass Tobias Schlesinger ein ordinierter zu ehelichen Trauungen legitimierter Rabbiner ist, so kann demselben … die Copulation der verlobten Juden nicht gestattet werden.“ Auch musste er häufig wegen finanzieller Streitfragen – auch mit seinem eigenen Sohn – vor Gericht erscheinen. Als er 1817 starb, wurden in seinem Nachlass 66 Bücher gezählt. Macht man sich klar, dass der Bücherbestand damals in einer Familie in der Regel nur aus einer Bibel und einem Gesangbuch bestand, wird deutlich, wie vergleichsweise hoch das Bildungsniveau in jüdischen Familien war. Auch die Familienüberlieferung wurde gepflegt: So lassen sich die Vorfahren von Lena Baum teilweise bis 1400 nach Speyer, Worms und Erfurt zurückverfolgen – damals Städte mit großen traditionsreichen jüdischen Gemeinden.

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