Samson Falk
Stammvater der Hochberger jüdischen Familie Falk war Lazarus Falk (1790-1871). Er war von 1817 bis 1826 Lehrer der jüdischen Schule im Ort. Diese Aufgabe konnte er nicht mehr ausüben, weil das württembergische Israelitengesetz von 1828 vorschrieb, dass nur noch am staatlichen jüdischen Lehrerseminar in Esslingen ausgebildete Lehrkräfte unterrichten durften. Sein Sohn Lazarus Ferdinand Falk (1822-1898) erlernte das Metzgerhandwerk und gab den Betrieb an seinen Sohn Adolf Falk (1858-1943), den letzten Hochberger Juden, weiter. Lazarus Falk hatte aber noch einen zweiten Sohn: Samson Falk (1827-1886), der Onkel von Adolf Falk. Samson sollte in die Fußstapfen des Vaters treten und absolvierte die Lehrerausbildung am jüdischen Seminar in Esslingen. Von 1846 bis 1850 arbeitete er als Aufseher und Hilfslehrer am Israelitischen Waisenhaus in Esslingen. Von 1850 bis 1854 war er der Lehrer und Vorsänger der jüdischen Gemeinde in Aldingen, kam aber mit seinem niedrigen Jahreseinkommen von 225 Gulden nicht klar, weil er damit noch seine Eltern und seine Schwester im benachbarten Hochberg versorgen musste. 1854 ließ er sich aus dem Schuldienst entlassen und wanderte nach Amerika aus. Er schrieb: „Mit meinem schmalen Gehalt sehe ich mich nicht imstande, in jetziger Situation einen eigenen Herd zu gründen, meine alten Eltern genügend zu unterstützen und meine Schwester zu versorgen. Dazu kommen düstere Zukunftsaussichten, da gerade die Intelligenteren und Industriellen auswandern. Auch ich will nach Amerika auswandern, um dort zu versuchen, die genannten Zwecke eher zu erreichen als es hier im Lande möglich.“ Vermerkt ist in den Akten, dass er nach Buffalo im Staat New York auswanderte.
Da die jüdische Gemeinde in Buffalo ihre Geschichte intensiv aufarbeitet, wissen wir nun wie es Samson Falk erging: Von 1854 bis 1862 leitete er als Vorsänger die jüdische Gemeinde in Albany, New York, anschließend bis 1865 die Gemeinde in Milwaukee, Wisconsin. 1865 wurde er Rabbiner der jüdischen Reformgemeinde in Buffalo und leitete die noch heute bestehende Synagogengemeinde Beth Zion bis zu seinem Tod 1886. In der Stadtgesellschaft war er offensichtlich sehr anerkannt, brachte die jüdische Gemeinde konsequent auf Reformkurs und knüpfte enge Kontakte zu christlichen Gemeinden. Mit einem Geistlichen der unitarischen Kirche hielt er sogar gemeinsame Gottesdienste ab. 1873 sorge er dafür, dass die Gemeinde in Buffalo der „Union of American Hebrew Congregations“, der Dachorganisation des Reformjudentums in den USA anschloss. 1879 veröffentlichte er das Buch „A Short History of the Israelites in Buffalo“. Die jüdische Gemeinde „Beth Zion“ in Buffalo gilt heute als eine der ältesten und größten reformjüdischen Gemeinden in den USA. Diese Ausprägung wurde maßgebend von einem ehemaligen Hochberger Juden vorangetrieben. Das heutige moderne Synagogengebäude in Buffalo entstand 1964-1967. Zu Samson Falks Zeiten feierte die jüdische Gemeinde Buffalo Gottesdienst in einer ehemaligen methodistischen Kirche, die zur Synagoge gewandelt worden war. Exakt den umgekehrten Weg zur methodistischen Kirche sollte 1916 die Synagoge in Falks Geburtsort Hochberg nehmen.
Verheiratet war Samson Falk mit einer aus Mecklenburg stammenden Doris. Drei Kinder sind belegt: Pauline (1862-1938), Isadore (geb. 1864) und Eugene (geb. 1866). In Buffalo leben offensichtlich noch heute Nachfahren. So scheint der Jurist Stanley G. Falk, nach dem in Buffalo eine Schule benannt ist, ein Nachkomme zu sein.
Die Hoffnungen, die Samson Falk 1854 an seine Auswanderung knüpfte, erfüllten sich somit.
Fotos: Samson Falk: Leo Baeck Institute – New York; Synagoge Beth Zion: Wikimedia Commons, W_Lemay