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Judentum

Heim für „Besatzungskinder“ in Hochberg

Heim für „Besatzungskinder“ in Hochberg

Dass es in Hochberg in den 50er Jahren ein Heim für „Besatzungskinder“ gegeben hat, ist inzwischen in Vergessenheit geraten. Christa Lieb aus Ludwigsburg hat bei ihrer Recherche für Beth Shalom in alten LKZ-Ausgaben nun einen interessanten Bericht vom 9. April 1952 gefunden: Unter der Überschrift „“Klein-Jonny“ mundartelt fließend schwäbisch“ berichtet die LKZ, dass us-amerikanische Soldaten der Ludwigsburger Fromannkaserne die Patenschaft für ein Kinderheim von 45 Waisen und Halbwaisen in Hochberg übernommen haben. Seit November 1951 hätten sie das Heim in Obhut genommen und in ihrer Freizeit und durch Spenden die ärmliche Bleibe ausgestaltet: Der Spielgarten bekam eine Schaukel, aus einem Abstellraum wurde ein gekachelter Waschraum und die Wasserversorgung wurde durch eine neue Pumpanlage verbessert. „Die Art ihres freiwilligen Helfens verdient es, als ein wesentlicher Beitrag des gegenseitigen deutsch-amerikanischen „Auskommens“ gewürdigt zu werden“, schreibt die Zeitung. Anlass des Berichts im April ist der Schuljahresbeginn an Ostern (Erst ab 1967 wird im September eingeschult). 1952 kamen die ersten 1946 geborenen „Besatzungskinder“ in die Schule und der Verfasser des Artikels erkennt hier eine Aufgabe: „Es geht in erster Linie wohl darum, dass die Lehrer und auch die Eltern der anderen ABC-Schützen vor allem in den Mischlingen keine „farbigen Wesen“, sondern gleichberechtigte Menschenkinder sehen, die vollkommen schuldlos an den „Verhältnissen“ und „Gründen“ sind, denen sie ihr Dasein verdanken.“ Damit ist der LKZ-Bericht wohl in eine Aufklärungskampagne einzuordnen, die die Bundesregierung seit 1951 zur Vorbereitung des Schuljahres 1952/53 führte: Die „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ war wohl als einzige größere Organisation, die Erfahrung mit Interkulturalität hatte, beauftragt worden, Materialien und Richtlinien zu erarbeiten, die Schulbehörden, Lehrer und Eltern auf farbige Erstklässler vorbereiten sollten. Die Kultusministerkonferenz forderte auf, „die Mitschüler zu kameradschaftlicher Haltung gegenüber farbigen Schulneulingen anzuhalten“.
In der Besatzungszeit wurden zahlreiche Kinder gezeugt, einvernehmlich im Rahmen von Liebesbeziehungen aber auch durch Vergewaltigungen. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 1956 nennt 67.753 seit dem Jahr 1945 aus unehelichen Beziehungen mit alliierten Soldaten hervorgegangene Kinder in der Bundesrepublik. 7 Prozent bzw. 4.776 wurden als „farbiger Abstammung“ klassifiziert. 13 Prozent der „Besatzungskinder“ waren bis 1956 zur Adoption freigegeben worden – 9 Prozent der farbigen und 4 Prozent der weißen Kinder. Hier spielten Vorurteile gegenüber den „Brown Babies“ offensichtlich eine Rolle.
Die LKZ veröffentlichte am 9.4.1952 mit dem Artikel auch ein Foto, das offensichtlich im Hochberger Kinderheim aufgenommen wurde. Man sieht einen amerikanischen Soldaten, der ein Mädchen auf dem Arm hat. Im Vordergrund auf der von den Soldaten installierten Schaukel sind ein weißes Mädchen und ein farbiger Junge zu sehen. Womöglich handelt es sich um den im Artikel angesprochenen Peter, der zum Schulanfang befragt „Hano, i werds scho packe“ in breitem Schwäbisch antwortet.
Eine erste Anfrage im Stadtarchiv erbrachte keine weiteren Angaben zu diesem Hochberger Kinderheim. Wenn alle diese Kinder 1952 in Hochberg eingeschult wurden, könnten sich vielleicht noch ältere Hochberger erinnern? Wenn Sie Erinnerungen oder Zeugnisse haben, melden Sie sich bitte bei Beth Shalom.

Nachtrag Januar 2024: Inzwischen konnte geklärt werden, dass die LKZ 1952 „Hochberg“ und „Hochdorf“ verwechselt hat, siehe: https://bethshalom-remseck.de/heim-fuer-besatzungskinder-in-hochdorf/

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