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Judentum

Grabsteine aus Buntsandstein in Hochberg

Grabsteine aus Buntsandstein in Hochberg

Geht man über den jüdischen Friedhof in Hochberg, fällt auf, dass die frühen Grabsteine aus den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jh. aus Buntsandstein sind. Erst ab den 1840er Jahren wird zu Muschelkalk gewechselt. Muschelkalk ist der Stein, der vor Ort in Remseck vorkommt. Buntsandstein findet sich in der Region Stuttgart aber gar nicht. Man muss an den Schwarzwaldrand, ins Badische oder in die Pfalz gehen, um auf Buntsandstein als Baumaterial zu stoßen. Warum sind die ältesten Grabsteine offensichtlich nicht von hier? Die Antwort liegt wohl im Zunftzwang: Der Beruf des Steinmetzes konnte nur von Mitgliedern der Zunft ausgeübt werden. Ab 1809 wurde Juden in Württemberg die Aufnahme in die traditionellen Zünfte theoretisch ermöglicht. Aber erst 1828 wurde mit dem württembergischen Israelitengesetz das Erlernen eines zünftigen Handwerkes für Juden wirklich gefördert. Es kam aber trotzdem in den nächsten Jahrzehnten noch selten vor, dass Juden die alten Handwerke erlernten. Steinmetze mit Hebräischkenntnissen waren in der ersten Hälfte des 19. Jh. daher noch eine Seltenheit. Auf vielen jüdischen Friedhöfen sieht man daher Grabsteine mit hebräischen Schriftzeichen, die offensichtlich von christlichen Steinmetzen erstellt wurden, die gar kein Hebräisch beherrschten: Das von rechts nach links zu lesende Hebräisch wurde offensichtlich von links nach rechts eingeschlagen, so dass sich dann am rechten Rand der Inschrift kein einheitlicher Zeilenbeginn der Buchstaben ergibt. Die Steinmetze haben die Buchstaben offensichtlich „abgemalt/eingeschlagen“ ohne den Text zu verstehen. Viele Schreibfehler ergaben sich auch aus diesem Vorgehen. In Hochberg gibt es dieses Phänomen so nicht. Vielmehr ist auffällig, dass die Buchstaben in die älteren Grabsteine besonders tief und formschön eingeschlagen wurden. Alle Inschriften sind sauber rechtsbündig, der Flattersatz ist links. Verbindet man diese Beobachtung mit dem in der Frühzeit vorherrschenden Buntsandstein, so spricht doch einiges dafür, dass diese Grabsteine nicht vor Ort angefertigt wurden. Erinnert man sich daran, dass die ersten Hochberger Juden ab 1757 aus Nordstetten (heute Horb) nach Hochberg kamen, schafft ein Blick auf den großen jüdischen Verbandsfriedhof in Mühringen (Horb) Klarheit: Der Mühringer Friedhof, auf dem auch die Vorfahren der ersten Hochberger Juden aus Nordstetten bestattet sind, existierte mindestens seit dem 16. Jahrhundert. Fast alle der ca. 600 Grabsteine dort bestehen aus Buntsandstein. Geübte, des Hebräischen kundige Steinmetze muss es in Mühringen und Umgebung gegeben haben. Vom heutigen Horb am Neckar konnten die schweren Grabsteine auch relativ leicht mit dem Schiff neckarabwärts nach Hochberg transportiert werden. Es spricht somit viel dafür, dass die frühen Grabsteine mit den markanten tiefgeschlagenen Inschriften aus dem Horber Raum stammen. Schriftkundige Steinmetze gab es dann vor Ort um Hochberg ab den 1840er Jahren und nun löste der örtliche Muschelkalk als Grabsteinmaterial den Buntsandstein ab.

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