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FAMILIE FALK

Die Hochberger Weihnachtsspende

Bild: Artikel Ludwigsburger Zeitung vom 8.1.1926
Die Hochberger Weihnachtsspende der Familie Falk

Von 1920 bis mindestens 1933 überreichten die nach London ausgewanderten Familienmitglieder der Falks jährlich die Hochberger Weihnachtsspende für die Armen des Ortes und zur Unterstützung der Kleinkinderschule Alexandrinenpflege. Dieser Kindergarten wurde von der Hochberger Schlossherrin Alexandrine von Beroldingen 1874 gestiftet, nach der heute der Alexandrinenplatz in Hochberg benannt ist, wo einst auch die Alexandrinenpflege lag.
Christa Lieb aus Ludwigsburg wertet für die LKZ kontinuierlich alte Ausgaben der Ludwigsburger Zeitung aus und berichtet regelmäßig Wissenswertes aus der Ludwigsburger Vergangenheit in der Lokalzeitung. Für Beth Shalom wirft sie nebenbei immer auch ein Auge auf die Berichterstattung über das Geschehen in Hochberg. Dadurch konnte jetzt ein noch genaueres Bild über diese Hochberger Weihnachtsspende gewonnen werden:

Ab den 1880er Jahren waren Mitglieder der Familie Falk aus Hochberg nach London ausgewandert. Sie waren dort mit der Firma „Falk Stadelmann“ und den patentierten Veritas Gasglühlampen wirtschaftlich sehr erfolgreich. Als Hugo Falk aus London 1920 seine Eltern Adolf und Caroline Falk in Hochberg besuchte, vereinbarte er offensichtlich die jährliche Weihnachtsspende der Londoner Falks für die Hochberger Bevölkerung. Zum ersten Mal in den Quellen belegt ist sie für Dezember 1923. Sie erscheint in den Hochberger Gemeinderatsprotokollen, weil in diesem Jahr der Gemeinderat über die Verteilung entscheiden sollte: „Wie alljährlich so hat auch heuer wieder die Familie Falk aus London den hiesigen Armen eine Weihnachtsspende zugedacht, dem Ortsvorsteher einen Scheck zugesandt, diesmal jedoch den Gemeinderat mit der gerechten Verteilung beauftragt.“ Hieraus geht hervor, dass die Spende schon in den Vorjahren einging und die Verteilung über den Ortsvorsteher wohl nicht widerspruchslos ablief.
In der Ludwigsburger Zeitung wird die Spende das erste Mal zu Weihnachten 1925 erwähnt. Wir erfahren hier den Betrag: Zehn englische Pfund. Man kann diesen Geldbetrag nur grob in heutige Kaufkraft umrechnen. Der Wechselkurs betrug damals 1 Pfund = 20 Reichsmark. 1 Reichsmark hatte 1925 ungefähr eine Kaufkraft von heute 4,20 Euro. Die Weihnachtsspende entspricht demnach heute circa 840 Euro. Die Zeitung berichtet am 8.1.1926, dass die Weihnachtsspende aufgeteilt wurde: 50 Mark gingen an die Alexandrinenpflege, der Rest wurde an die Armen des Ortes verteilt. Beim Zuschuss für den Kindergarten von einem Viertel der Spende blieb es auch in den Folgejahren, da sich die Einrichtung ursprünglich durch die Erträge des von Alexandrine von Beroldingen eingebrachten Stiftungsvermögen finanziert hatte. Durch die Hyperinflation 1923 war das Stiftungsvermögen aber entwertet worden und die Gemeinde musste den Betrieb nun finanziell aufrechterhalten.
Aus dem Artikel vom Januar 1926 erfahren wir auch etwas zur Tradition dieser Weihnachtsspende. Sie wird von den Londoner Falks „zum ehrenden Gedächtnis an ihren seligen Vater Ferdinand Lazarus Falk“ (1822-1898), dem Vater Adolf Falks, gemacht. Damit steht die Weihnachtsspende in der Tradition der jüdischen Stiftungen in Hochberg. Die seit 1760 in Hochberg ansässigen jüdischen Familien hatten bis Ende des 19. Jahrhunderts 15 private Stiftungen gegründet, die die Erinnerung an verstorbene Familienmitglieder pflegten und nach heutigen Geldwerten bis zu 10.000 Euro jährlich für wohltätige Zwecke ausschütteten. Das jüdische Konzept der Zedaka (Wohltätigkeit) bedeutet, dass Juden verpflichtet sind, von dem zu geben, was Gott ihnen anvertraut hat, um es zu teilen und die Welt zu verbessern. Stiftungen und Spenden sind typische Umsetzungen der Zedaka.

Die Ludwigsburger Zeitung berichtet auch kurz über die Weihnachtsspenden 1926, 1928, 1929 und 1930. Gespannt waren Christa Lieb und Kai Buschmann, der Vorsitzende von Beth Shalom, ob nach der Machtübernahme der Nazis am 30.1.1933 noch etwas über die Spende der jüdischen Familie berichtet wird. Tatsächlich erscheint ein Dank für die Weihnachtspende 1933 noch am 22. Dezember 1933, 11 Monate nach der „Machtergreifung“, in der Zeitung: Gedankt wird den Brüdern des „in Hochberg noch lebenden, beliebten Adolf Falk“. „Die Gemeinde und alle Beschenkten sind den Gebern zu herzlichem Dank verpflichtet“. Verfasser dieser Zeilen ist sicherlich Wilhelm Rath, der seit Juni 1933 für den wegen Unregelmäßigkeiten abgesetzten Bürgermeister Bürkle als Bürgermeisteramtsverweser amtierende Gemeinderat, Landwirt und Feuerwehrkommandant. Das war möglicherweise mit ein Grund, warum Wilhelm Rath im September 1934 aus dem Amt entfernt und durch einen NS-Parteigenossen ersetzt wurde, obwohl sich viele Hochberger für ihn als Bürgermeister eingesetzt hatten. Ab Weihnachten 1934 lesen wir nichts mehr über die Hochberger Weihnachtsspende in der Zeitung. Vermutlich wurde sie vom neuen NS-Bürgermeister Adolf Schaal nicht mehr angenommen. Denkbar ist aber auch, dass sie stillschweigend als eine Art „Schutzgeld“ für Adolf Falk weiter floss, der bis 1939 als letzter Jude weiter in Hochberg lebte und dann nach London zu seiner Familie auswich, da die antijüdischen Verordnungen nach der Reichspogromnacht ihm den Weiterbetrieb seiner Metzgerei untersagten, ihn zwangen sein Haus zu verkaufen und er einen beträchtlichen Teil seiner Ersparnisse als „Judenvermögensabgabe“ an das Finanzamt abführen musste. Der Ausklang der Hochberger Weihnachtsspende konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden.

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