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Hauptstraße 37, 71686 Remseck
Judentum

Die Judengasse in Neckarrems

Die Judengasse in Neckarrems

Ältere Neckarremser erinnern sich noch: Die heutige Straße „Am Remsufer“ hieß bis 1967 „Judengasse“. Diese frühere Straßenbezeichnung ist aber in Neckarrems kein Hinweis auf jüdische Familien in Neckarrems. Vielmehr zogen hier im späten 18. und im 19. Jahrhundert jüdische Viehhändler aus Hochberg regelmäßig zum Vieh- und Pferdemarkt nach Winnenden durch. Sie verkauften bei dieser Gelegenheit Tiere an die Neckarremser Landwirte. Die Poststation in der Koppengasse (heute Remstalstraße), die Remsbrücke und zwei Gasthäuser (Ochsen und Hirsch) boten lukrativere Geschäfte als das damalige Dorf Bittenfeld, über das Winnenden an sich von Hochberg aus schneller zu erreichen war. Umgekehrt suchten freitagnachmittags umherziehende jüdische Händler auf diesem Weg Hochberg auf, um am Sabbatgottesdienst in der Synagoge teilzunehmen. Im Bayerischen ist die Bezeichnung „Judenweg“ vielfach für aus Orten hinausführende Straßen Richtung nächste jüdische Gemeinde belegt. Bis in die 1850er Jahre gab es auch auswärtige Bestattungen auf dem jüdischen Friedhof in Hochberg. Da die Hochberger Neckarbrücke erst 1903 gebaut wurde, erreichten jüdische Leichenzüge aus Stuttgart, Bad Cannstatt und Ludwigsburg, wo es noch keine jüdischen Friedhöfe gab, den Friedhof über die Neckarremser Judengasse, was sicherlich auch zur Namensgebung beitrug.
Bereits ein Vierteljahr nach der NS-Machtübernahme am 4. Mai 1933 und damit mehr als ein Jahr vor dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg im August 1934 wurde die Neckarremser Judengasse in Hindenburg-Straße umbenannt. 1945 erfolgte wenige Wochen nach Kriegsende wiederum die Rückbenennung in Judengasse. Nach wiederholten Anregungen mehrerer Anlieger nannte man 1967 durch Gemeinderatsbeschluss die Straße in „Am Remsufer“ um.
Barbara Rösch hat in einer umfangreichen Flurnamenstudie hunderte „Judengassen“ als jüdische Handelswege im deutschsprachigen Raum nachgewiesen. Auch in Ludwigsburg-Oßweil und in Kirchheim am Neckar gab es einst solche Straßenbezeichnungen, ohne dass Juden am Ort lebten. Die ehemalige Neckarremser Judengasse hat Rösch in ihrer Dokumentation „Der Judenweg“ aus dem Jahr 2009 allerdings übersehen. Durch ihre Studie ist aber klar, dass die Bezeichnung „Judengasse“ nur innerorts auf ehemalige jüdische Bewohner der Straße hinweist. Im Regelfall steht die Bezeichnung für jüdische Handelswege und aus dem Ort hinausweisende Straßen Richtung nächste jüdische Gemeinde. Das war 1967 beim Umbenennungsbeschluss so nicht bekannt. Im Gemeinderatsprotokoll sind keine Gründe für die Umbenennung angeführt. Man kann aber annehmen, dass mit dem Nichtvorhandensein jüdischer Bewohner argumentiert wurde.
Auf dem Foto ist das Straßenschild „Judengasse“ am Gasthof Ochsen in Neckarrems in den fünfziger Jahren zu sehen. Die private Aufnahme stammt aus dem Besitz von Günther Glock, Remseck-Neckarrems.

 

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