
Hochberger Juden und Albert Einstein
Im Juli 2024 wurde in Ulm die Dauerausstellung „Die Einsteins – Museum einer Ulmer Familie“ eröffnet. Am 14. März 1879 wurde Albert Einstein in Ulm im Gebäude Bahnhofstr. 20 geboren, das nicht mehr erhalten ist. Die Ausstellung ist im Haus „Weinhof 19“ in der Nähe untergebracht. Auch dieses Haus ist eng mit der Familie Einstein, aber auch mit Hochberger Juden verknüpft: Das Gebäude heißt noch heute „Der Engländer“, denn der „König von England“ war die Gaststätte einer Pferde-Umspannstation am Weinhof. Mit dem Ausbau der Eisenbahn-Anbindung Ulms verlor die Umspannstation an Bedeutung. Die betreibende Familie verkaufte das Haus und 1853 zogen die beiden Hochberger Juden Seligmann Löb Straus und Hayum Israel mit ihrer Bettfedernfabrik ins Haus ein. Gestartet hatten sie das Gewerbe ursprünglich in der Hochberger Hauptstr. 25, wo schon Seligmann Löws Vater Maier Straus mit Neckarremser Gänsefedern Betten gestopft hatte. 1863 zog Seligman Löw Straus mit seinem Teil der Bettenfirma nach Cannstatt weiter, wo die Firma zum Weltunternehmen aufstieg. Hayum Israel, der mit der Hochbergerin Pauline Rescher verheiratet war, starb auch 1863. Möglicherweise war der Tod des Teilhabers Anlass für den Umzug. Die Bettenfirma, die im „Engländer“ verblieb, firmierte ab 1863 unter dem Namen „Israel & Levi“, weil Hermann Levi, ein Neffe von Albert Einsteins Großmutter Helene ins Geschäft einstieg. Pauline, die Witwe Hayum Israels, lebte noch 1865 in Ulm im selben Haus wie Herman Levi, zog aber später nach Stuttgart um. Hayum und Pauline Israel aus Hochberg hatten fünf in Ulm geborene Töchter, die die Firmentradition in Ulm aber nicht fortsetzten. Die bekannteste ist Jeanette, die den Fabrikanten Lyon Sußmann (Stuttgart / Böblingen) heiratete. In die Ulmer Firma „Israel & Levi“ kauften sich nun die Großeltern Albert Einsteins als auch Einsteins Vater Hermann ein. Albert Einsteins Großeltern Abraham und Helene Einstein zogen in den ersten Stock des „Engländers“ ein und auch die Eltern Hermann und Pauline Einstein kamen über diese Verbindung 1876 nach Ulm. Die Familie stammte ursprünglich aus Buchau in Oberschwaben. 15 Monate nach der Geburt Alberts zogen die Einsteins nach München weiter. Ulm kann sich so Geburtsstadt Albert Einsteins nennen und integriert dies zunehmend ins Stadtmarketing. Dass Hochberger Juden mit ihrer Bettfedernfabrik die Familie Einstein nach Ulm gebracht haben, war bisher noch nicht im Bewusstsein.
Foto: Der Engländer in Ulm, Wikimedia Commons / Franzfoto
Herzlichen Dank an Dr. Sabine Presuhn vom Museum „Die Einsteins“ der Stadt Ulm für Auskünfte und Klärung von Zusammenhängen.