Inschrift
Eine hebräische Inschrift in Hochberg
Das heute mit seinem freigelegten Fachwerk sehr schön restaurierte Haus Hauptstr. 10 in Hochberg diente einst als Sitz der württembergischen Hofverwaltung des Ortes und später als Pfarrhaus. Zwischen 1801 bis 1805 bewohnte das Haus die jüdische Familie Dreyfus. Gabriel Dreyfus war der „Judenvorsteher“ im Ort und stattete sein Wohnhaus 1802 mit einer repräsentativen Toreinfahrt aus. Auf den Säulen stand rechts „Wir wünschen einen guten Eingang“ und links „Wir wünschen einen guten Ausgang“ in hebräischer Schrift. Das ist eine verbreitete Formulierung bei hebräischen Hausinschriften. Im Stadtarchiv befindet sich ein altes Foto, auf dem die Toreinfahrt mit den Säulen noch zu sehen ist. In der von der Stadtverwaltung 1990 herausgegebenen Schrift zu „200 Jahre jüdisches Leben in Hochberg und Aldingen“ ist dazu vermerkt, dass die Säulen heute nicht mehr vorhanden sind (S. 12).
Nun hat sich im Garten des Nachbargrundstücks Hauptstr. 10/1 die linke Säule gefunden. Die Inschrift ist stark verwittert, aber noch gut zu erkennen. Der Säulenaufsatz ist nicht mehr vorhanden. Die heutigen Bewohner haben die Situation mit der Säule im Garten 2005 bei Einzug so vorgefunden. Ist jemand bekannt, wann die Hofeinfahrt mit den hebräischen Inschriften entfernt und die linke Säule versetzt wurde? Findet sich vielleicht auch die rechte Säule noch irgendwo? Jedenfalls ist die Hälfte der einzigen bekannten hebräischen Hausinschrift in Hochberg wieder entdeckt.
Die Hauptstraße 10 ist das Geburtshaus von Gabriels Sohn Samuel Dreyfus, der am 2. Februar 1804 hier zur Welt kam. Nach der Freigabe des Universitätsstudiums für Juden 1819 war Samuel Dreyfus der erste reguläre jüdische Student (Medizin) in Württemberg. Samuel Dreifus praktizierte später als Arzt in Stuttgart und heiratete Henriette Benedict, die Erbin des Bankhauses Benedict. Er wurde so Chef des Bankhauses Benedict in Stuttgart. Von 1831 bis zu seinem Tod 1853 war er erster Vorstand des Waisen-Vereins und der Israelitischen Waisen- und Erziehungsanstalt Wilhelmspflege in Esslingen, der größten jüdischen Stiftung in Südwestdeutschland. Von 1838 bis 1853 war Samuel Dreifus mit dem Titel „Oberkirchenvorsteher“ Mitglied der Israelitischen Oberkirchenbehörde, der Leitungsbehörde der jüdischen Gemeinden im Königreich Württemberg. Auf dem Hoppenlau-Friedhof in Stuttgart befindet sich das repräsentative Doppelgrab von ihm und seiner Frau.