Das Bettengewerbe in Hochberg und die Weltfirma Straus & Cie.
„Mehrere Israeliten treiben mit Wollen-, Baumwollen- und Seide-Waaren, sowie mit fertigen Betten, wozu sie die Federn in großen Ladungen aus Polen beziehen, nicht bloß ins Inland, sondern auch nach Bayern, Baden etc. Handel. Durch die Fertigung der Betten finden mehrere Arme Beschäftigung“ heißt es in der Beschreibung des Oberamtes Waiblingen aus dem Jahr 1850 über die wirtschaftlichen Aktivitäten der Hochberger Juden. Die Kombination „Vieh- und Bettenhändler“ ist mehrfach für Hochberger jüdische Kaufleute belegt. Möglicherweise spielt die Neckarremser Gänsezucht als ursprüngliche Quelle der Rohware für dieses Heimgewerbe in Hochberg eine Rolle. Im Hochberger Bettfederngewerbe war auch Maier Straus aktiv. Der badische Jude war 1815 nach Hochberg gekommen, kaufte 1819 das Haus in der Hauptstr. 25 und starb 1856. Sein Sohn Seligmann Löb Straus arbeitete zunächst beim Vater in Hochberg mit, gründete dann aber 1842 in Ulm sein erstes Ladengeschäft für Bettfedern. 1863 erfolgt der Umzug nach Cannstatt. Dort entstand im Laufe der Zeit die größte Bettfedernfabrik der Welt mit einem zweiten Standort in Untertürkheim. Später wurden Fabriken und Filialen in Berlin, Köln, Hamburg, Paris, Odessa, Charkiw, Moskau, St. Peterburg und Shanghai gegründet. 1880 starb der erfolgreiche Firmengründer und sein 1861 geborener Sohn Max Straus führte das Unternehmen mit zwei Brüdern weiter. Max kann 1939 noch in die Schweiz emigrieren, sein Sohn Manfred, der die Firma seit 1922 führte, wurde 1941 mit seiner Frau Alice ins Ghetto Riga deportiert und 1942 im Wald von Bikernieki bei Riga bei Massenhinrichtungen ermordet. Die Firma Straus & Cie. wurde 1939 „arisiert“ und später aufgelöst. Die Untertürkheimer Firmengebäude nutzte nach 1945 die Daimler-Benz AG. Manfred Straus Kinder Gerhard und Hans konnten 1938/39 in die USA und nach England entkommen.
Die Familie Straus war sich ihrer Hochberger Wurzel immer sehr bewusst. Das Stammhaus in der Hauptstr. 25 (Foto) wurde 1911 an die „Straus’sche Familienstiftung“ gegeben und als jüdisches Armenhaus genutzt. 1939 wurde das Stiftungsvermögen zwangsweise an die von der Gestapo kontrollierte „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ übergeben, die das Haus 1942 verkaufte.