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Judentum

Das Grab des Abraham Löwensohn

Das Grab des Abraham Löwensohn

Der gewaltsam anonymisierte Grabstein 181 auf dem jüdischen Friedhof in Hochberg kann jetzt auch wieder mit großer Wahrscheinlichkeit einer Person zugeordnet werden: Am 20. Februar 1883 starb der jüdische Glaser und Gastwirt Abraham Löwensohn in Hochberg. Er war durch seine Frau Nanette der Schwiegersohn des Gastwirts Manasse Löw Thalheimer, gegen den die Nazis fast 60 Jahre nach seinem Tod am 10.02.1939 in der Ludwigsburger Zeitung gehetzt hatten, was vermutlich zur Zerstörung seines Grabsteins auf dem jüdischen Friedhof führte. Wir haben hierüber im März 2022 berichtet.
In derselben Grabreihe wie Manasse Löw Thalheimer, der 1880 verstarb, befindet sich drei Gräber weiter links ein weiterer namenloser Grabstein. Ulrike Sill schreibt in ihrer Dokumentation des Friedhofs: „Abschieferung des Schriftfelds, es ist keine Inschrift erhalten“. Betrachtet man den Grabstein genau, kann man feststellen, dass kein natürlicher Verwitterungsprozess („Abschieferung“) vorliegt. Auch in diesen Sandsteingrabstein war wie bei Manasse Löw Thalheimer in einem vertieften Feld eine Marmorplatte eingelegt mit den inschriftlichen Angaben zum Verstorbenen. Mit Werkzeug wurde links und rechts die Sandsteinumfassung weggeschlagen, um die Marmortafel herausbrechen zu können. Die Gräber links und rechts des anonymisierten Grabes sind Personen zuzuordnen, die im Februar 1881 und im August 1883 verstarben. Da auf dem Friedhof chronologisch bestattet wurde, spricht somit viel dafür, das namenlose Grab Abraham Löwensohn zuzuweisen. Der Grabstein ist klassizistisch gehalten und weist auf eine bedeutende Persönlichkeit hin.
Die bekannten Lebensstationen von Abraham Löwensohn sind spannend: Er wurde 1814 als uneheliches Kind der Sara Anschel in Hochberg geboren. Seine Mutter blieb zeitlebens unverheiratet. Sie wird damals einen schweren Stand in der Dorfgemeinschaft gehabt haben, kämpfte sich mit ihrem Sohn aber durch und verstarb 1872 in Hochberg. Als das württembergische Israelitengesetz 1828 vorschrieb, dass sich alle Juden vererbbare Nachnamen geben müssen, trug sie für ihren Sohn den Namen „Löwensohn“ ein. Das Israelitengesetz ermöglichte außerdem erstmals, dass Juden Handwerke erlernten, um sie aus dem bisher ausschließlich zugewiesenen Berufsbereich des Handels herauszuholen. Sara brachte ihren Sohn beim Neckargröninger Glasermeister Johann Weber unter, wo er dieses Handwerk erlernte. Abraham Löwensohn als Glaser und der Aldinger Jude Benedikt Elsas als Weber waren die Ersten, die von der Möglichkeit Gebrauch machten, als Juden bei einem christlichen Handwerker zu lernen. Das Oberamt Waiblingen übernahm einen Teil des Lehrgeldes für Abraham. Abraham arbeitete nach seiner Lehre als Glaser in Hochberg und erbaute 1844 ein großes Haus in der Hinteren Gasse (heute Küferstr. 38) direkt hinter der Synagoge, das zurzeit renoviert wird. 1867 verkaufte er es, um die Gastwirtschaft seines Schwiegervaters am Alexandrinenplatz zu übernehmen. Nach seinem Tod 1883 verkaufte seine Witwe Nanette die Wirtschaft an den christlichen Bäcker Friedrich Huiß. Erst mit dem Übergang an christliche Gastwirte erhielt die Wirtschaft den Namen „Krone“ (heute Änderungsschneiderei). Abraham war auch ein zuverlässiger Rechner: 1881 ist belegt, dass er für die jüdische Gemeinde die jüdischen Stiftungen und den Schulfonds verwaltete. Abraham und Nanette Löwensohn hatten neun Kinder, von denen sechs das Kleinkindalter überlebten. Zwei Kinder lebten später in München, eines in Breslau, zwei wanderten nach Amerika aus, die 1866 verstorbene Channa ist auf dem Hochberger Friedhof bestattet. Die Grabinschrift lautet. „Channa Löwensohn. Du gingest in deiner Jugend zum Verzagen deiner Eltern“.

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