
Neues von Adiz
Georg Friedrich von Kaltental (1649-1697), Ortsherr von Aldingen und Offizier in Diensten der Württembergischen Armee, nahm 1688 während des Großen Türkenkrieges an der Belagerung von Belgrad teil. Von dort brachte er die 15jährige, türkische Waise Adiz nach Aldingen mit, eine sog. „Beutetürkin“. In den Türkenkriegen war die Verschleppung von aufgegriffenen Türkinnen und Türken eine übliche Praxis. Man präsentierte sie zu Hause als exotische „Beutestücke“. Das Barockzeitalter liebte das „Fremdländische“, so es aus China, Afrika oder aus dem Osmanischen Reich kam. Diese Haltung führte immerhin dazu, dass die „Beutetürken“ eine für damalige Verhältnisse anständige Behandlung erfuhren. Nur die Konversion zum Christentum wurde mit Nachdruck angestrebt.
In Aldingen übergab Georg Friedrich von Kaltental Adiz in die Obhut seines kinderlosen Bruders Friedrich Georg Wolf von Kaltental (1654-1698), mit dem er sich die Ortsherrschaft teilte, und dessen Frau Maria Magdalena geb. von Weyler (1659–1703). Diese erzogen Adiz im christlichen Glauben und ließen sie am 19.07.1691 in der Margaretenkirche auf den Namen Christiana Magdalena Sybilla taufen. Am 17.07.1694 heiratete Adiz/Christiana ebenfalls in der Margaretenkirche den Forstknecht Hans Jerg (Johann Georg) Menner, ab 1724 auch Schultheiß von Affalterbach und Wolfsölden. Adiz/Christiana verstarb am 24.11.1739 im Alter von ca. 66 Jahren. In der Broschüre „Historischer Rundgang durch Remseck-Aldingen“ von Eduard Theiner ist zu lesen, dass die Ehe kinderlos blieb (S.13). Norbert Stein berichtet hingegen in der „Heimatkundlichen Schriftenreihe“ Nr. 9, S.22 von fünf Kindern. Für beide Angaben werden keine Belege angeführt. An Adiz und Georg Friedrich von Kaltental erinnert seit 1997 vor dem Aldinger Schloss eine Skulptur des bekannten Bodenseekünstlers Peter Lenk.
Andreas Weik aus Wiernsheim hat im Zuge von Forschungen im Affalterbacher Taufregister nun Klarheit geschaffen: Sein 8-fach Urgroßvater Friedrich Georg Wolfgang Menner wurde am 11.08.1695 in Affalterbach geboren. Als Eltern sind Georg Menner (Forstknecht) und Christiana angegeben. Als Taufpate fungierte unter anderem niemand geringerer als Friedrich Georg Wolf von Kaltental. Adiz/Christiana ist die 9-fach Urgroßmutter von Andreas Weik, dessen DNA im Übrigen auch Wurzeln im Osmanischen Reich nachweist. Dem Kirchenbuch sind sogar die Namen der Eltern von Adiz zu entnehmen: Ahmet Bona und Rifera. Im Seelenregister des Affalterbacher Kirchenbuchs kann man keine weiteren Kinder der Adiz/Christiana finden. Friedrich Georg Wolfgang Menner scheint das einzige Kind gewesen zu sein. Aus dessen späterer Ehe mit Regina Roth gingen aber acht Kinder hervor, von denen drei die Kindheit überlebten: Georg Jacob Menner geb. 1718, Maria Katharina verh. Lang (1721-1778 in Affalterbach), Anna Christina verh. Schaul (geb. 1731, später Ludwigsburg). So ist zu vermuten, dass nicht nur Andreas Weik aus Wiernsheim (über Maria Katharina) zu den Nachkommen zu zählen ist, sondern sich eine ganze Nachkommenschar unter dem Adiz-Denkmal versammeln könnte, wie das die Nachkommen des Berliner „Ur- und Beutetürken“ Ali heute regelmäßig tun. Zu diesen zählt der bekannte Historiker Götz Aly, der sich 2014 mit 102 weiteren Nachkommen am ehemaligen Wohnort des Vorfahren traf.
Foto: Kaltentaler-Adiz-Denkmal von Peter lenk