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Judentum

1845: Ein Vivat auf den „Restaurateur der Menschenrechte“

1845: Ein Vivat auf den „Restaurateur der Menschenrechte“

Dass 1845 Hochberger Juden den Landtagsabgeordneten Gottlob Adolf Veiel (1802-1864, MdL 1838-1848) in Marbach hochleben ließen, war aus einer kleinen Notiz aus der Allgemeinen Zeitung des Judentums, der Zeitung der reformorientierten liberalen Juden im 19. Jh., vom 22. August 1845 schon bekannt. Christa Lieb aus Ludwigsburg hat bei ihrer Recherche in alten Ausgaben der Ludwigsburger Zeitung den ausführlichen Originalbericht gefunden, der in der Zeitung vom 20. August 1845 erschien: „Marbach: Gestern, am Sonntagabend, 17. August 1845, hatten wir uns hier eines Fackelzuges zu erfreuen, welcher von einer Anzahl Israeliten aus Hochberg dem Herrn Rechtsconsulenten Veiel, Abgeordneten unseres Bezirks, gebracht wurde. Bekanntlich hatte derselbe in der 57. Sitzung der Abgeordnetenkammer vom 6. Juni 1845 sich für eine Revision des württembergischen Judengesetz vom 25. April 1828 im Sinne einer vollständigen und unbedingten Gleichstellung der Juden mit den christlichen Untertanen ausgesprochen, während die Kommission (Berichterstatter Holzinger) und mit ihr übereinstimmend die Kammer selbst sich nur für eine Erweiterung ihrer Rechte durch Revision jenes Gesetzes erklärte. Schön ausgeführte Gesänge und mancherlei Vivats lösten sich im Scheine der Fackeln ab. Das 1. Vivat (Hochruf) galt dem »Restaurateur der Menschenrechte«. Auf dieses folgte von einem Nichtmitglied der Gesellschaft ein Lebehoch für das Gesetz von 1828, als dasjenige, welches der Emanzipation der Juden in Württemberg zuerst die Bahn gebrochen. Hierauf folgten noch verschiedene andere Vivats, und den Schluss bildete eine heitere Reunion im Gasthof zum Adler.“

Der Artikel in der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ vom 22. August 1845 lautet: „Dem Abgeordneten Veiel in Marbach wurde Sonntag den 17. dieses Monats als Zeichen des Anerkenntnisses für sein ständisches Bestreben, den Israeliten weitere Rechte zu erringen, von der benachbarten israelitischen Gemeinde Hochberg, eine Überraschung bereitet, indem der dortige israelitische Liederkranz, in Begleitung mehrerer angesehener israelitischer Bürger, abends nach 8 Uhr unter Fackelschein vor seinem Hause aufzog und ihm nach mehreren gut ausgeführten Chorälen ein Lebehoch brachte.“
Gottlob Veiel hatte am 6. Juni 1845 im Landtag ausgeführt: „Ich glaube nicht, dass wir wieder Worte des Judenhasses in diesem Saale hören werden, wie vor 17 Jahren (Verabschiedung des Israelitengesetzes 1828); ich glaube nicht, dass ein Widerwille gegen die Juden ausgedrückt werden wird, die, mit Beschämung müssen wir es gestehen, seit Jahrhunderten von den Christen gedrückt worden sind. Wo auch die Emanzipation stattgefunden hat, nirgends haben sich die schlimmen Folgen gezeigt, die man anderwärts von einer Emanzipation gefürchtet hat.“ (zit. nach Aaron Tänzer, Geschichte der Juden in Württemberg, S. 91). Erreicht wurde mit der Debatte 1845 zunächst keine Änderung der Gesetzeslage. Erst 1849 wurde die Gleichstellung umgesetzt. Dass die Hochberger Juden sich 1845 so für die Emanzipation engagieren, ist aber ein weiterer Hinweis darauf, dass das anonyme Gedicht, das am 4. Juli 1848 im Waiblinger Intelligenzblatt erschien und sich für die Judenemanzipation einsetzte, einen Verfasser aus Hochberg hatte (Gedicht hier).

Foto:  Lithographie von Renz 1833, Landesbibliothek Stuttgart: Der Halbmondsaal des Stuttgarter Landtages

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