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Judentum

Eine Nubierin 1840 in Aldingen

Eine Nubierin 1840 in Aldingen

Gabriele Volz aus Aldingen ist fasziniert von der Familienforschung und durchstöbert die Remsecker Kirchenbücher (siehe www.remseck-evangelisch.de/wissenswertes/ahnenforschung). Sie hat eine interessante Verbindung entdeckt: Am 19. Mai 1840 heiratete in Aldingen der gebürtige Aldinger Johann Michael Schnauf(f)er, von 1840 bis 1862 königlicher Waldschütz in Spiegelberg und Bürger in Aldingen, eine junge Frau aus Darfur/Nubien. Sie kam 1825 an den Hof von Königin Pauline (1800-1873, 1820-1864 Königin von Württemberg) und wurde am 3. November 1829 in Stuttgart-Berg auf den Namen „Pauline Marie Fortunata Louise Julie“ getauft. Ursprünglich hieß sie „Berhyda“ oder „Benhyda“. Ihre Taufpatinnen waren in Vertretung der Königin deren Hofdamen. Leider verstarb sie bereits mit ca. 31 Jahren am 26. Januar 1846 in Jux bei Spiegelberg (heute Rems-Murr-Kreis) und wurde dort am 28. Januar bestattet. Auch ihre Tochter wurde nur 24 Jahre alt und wurde im November 1867 in Aldingen beerdigt. Sie ist bei der Entbindung eines totgeborenen Mädchens gestorben. Deshalb gibt es keine Nachkommen. Nach Adiz aus dem Osmanischen Reich im 17. Jh. und Afuk aus China im 19. Jh. haben wir jetzt den dritten Fall einer Migration aus weiten Entfernungen in die Remsecker Vorgängerorte zu einer Zeit, in der man das an sich noch nicht erwartet. Es war auch bisher nicht bekannt, dass am Hof von Königin Pauline von Württemberg zeitweise eine Nubierin lebte. Höhepunkt dieser „exotischen Hofmode“ war das 18. Jh., aber auch noch in der 1. Hälfte des 19. Jh. war es prestigeträchtig, Menschen aus Afrika, Asien oder dem Orient als Hofdamen, Bedienstete, Pagen oder Musiker am Hof zu haben. Ab der Mitte des 19. Jh. verschwand diese Praxis im Zuge des Kolonialzeitalters: Jetzt galten Menschen aus Afrika, Asien und dem Orient als „zivilisatorisch rückständig“. Diese rassistische Haltung hatte es in so scharfer Form im 17./18. Jh. noch nicht gegeben. Hauptanliegen in der frühen Neuzeit war die Taufe der „Heiden“. War diese vollzogen, wurden sowohl Adiz als auch die Nubierin vergleichsweise gehoben verheiratet.

Foto: David Matthieu/Anna Rosina Matthieu, geb. Lisiewska,1750: Prinz u. Prinzessin v. Brandenburg-Schwedt und ein sog. „Hofmohr“, Wikimedia Commons. 

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