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Judentum

Cynthia Bittenfield aus New York zu Besuch

Cynthia Bittenfield aus New York zu Besuch

Die New Yorker Künstlerin Cynthia Bittenfield (www.cynthiabittenfield.com) besuchte jüngst mit ihrer New Yorker Freundin Caren Rosenblatt Remseck und Umgebung auf den Spuren ihrer Vorfahren. Beide sind Jüdinnen. Cynthia Bittenfields Großvater schrieb seinen Nachnamen noch „Bittenfeld“ und wanderte aus Polen in die USA aus. In der Familiengeschichte ist überliefert, dass die Familie im Spätmittelalter aus dem deutschen Bittenfeld nach Polen-Litauen ausgewandert ist. Tatsächlich wichen nach den Kreuzzügen und Pestpogromen viele Juden nach Osteuropa aus. Der litauische Großfürst Vytautas der Große lud im 14. Jahrhundert Juden zur Ansiedlung nach Litauen ein und sicherte ihnen dabei ähnliche Rechte wie Christen zu.
Bisher gibt es allerdings keinerlei Zeugnisse über Juden im Mittelalter in Bittenfeld. Allerdings lässt sich die Familie der New Yorker Künstlerin sehr lange unten diesem Namen in Polen zurückverfolgen und es gibt weltweit nur diese nichtadlige Familie, die den Ortsnamen Bittenfeld als Familiennamen trägt. 2003 hat Ellen Widder nachgewiesen, dass es eine jüdische Gemeinde im Mittelalter in Waiblingen gegeben haben muss: Im Waiblinger Urbar (Besitzverzeichnis) von 1351 wird eine „Judenschule“ erwähnt. Dieser Begriff wurde früher als Synonym für eine Synagoge benutzt. 1351 zahlte ein „Kunz in der Judenschule“ den Zehnten aus einem Morgen Land am Fellbacher Weg. Weiterhin wird in diesem Urbar auch eine Flurbezeichnung „des juden agger“ erwähnt. 2014 entdeckte man die mittelalterliche Synagoge in Schwäbisch Gmünd. Inzwischen ist klar, dass es in Schwäbisch Gmünd eine sehr bedeutende jüdische Gemeinde im Mittelalter gab. In Schwäbisch Gmünd fand man auch in diesem Gebäude einen Hinweis auf einen „Abraham aus Schorndorf“. Bisher war über Juden im Mittelalter in Schorndorf überhaupt nichts bekannt. Das bisherige Bild der Historiker, dass sich Juden im Mittelalter nur in den großen Städten (bei uns Stuttgart, im heutigen Leonhardsviertel) niedergelassen hätten und erst in der frühen Neuzeit durch die Vertreibung aus den Städten das Landjudentum entstanden sei, ändert sich somit zurzeit. So unwahrscheinlich ist es daher gar nicht, dass die jüdische Familie Bittenfield ihre Wurzeln in unserer Nachbarschaft hat.
Beim zweitägigen Besuch der New Yorkerinnen wurden die jüdische Gemeinde in Stuttgart (Synagoge Hospitalstraße), die Gedenkstätte Nordbahnhof und die jüdischen Spuren in Remseck-Hochberg und Ludwigsburg aufgesucht. Stadtrundgänge durch Stuttgart und Ludwigsburg gehörten natürlich auch dazu. Höhepunkt war ein Ortsrundgang in Bittenfeld mit dem geschichtskundigen Ortschaftsrat Helmut Fischer, den Ortsvorsteherin Nicole Grüner vermittelt hatte. Das Probieren von Bittenfelder Apfelsaft und Käse sowie die Übergabe der Bittenfelder Ortschronik an Cynthia Bittenfield gehörten mit zum Programm. Da die New Yorkerin als Fotokünstlerin arbeitet, können wir auf die Verarbeitung ihrer Erlebnisse in Kunstprojekten gespannt sein.

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